Beschreibung
Die hier versammelte Prosa entstammt Musils 1936 erschienenem Band 'Nachlaß zu Lebzeiten'.
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Autorenportrait
Robert Musil, 6. 11. 1880 Klagenfurt - 15. 4. 1942 Genf. Der aus einer altösterreichischen Beamten-, Ingenieursund Of?ziersfamilie stammende M. absolvierte Militär-Realschulen in Eisenstadt und Mährisch-Weißkirchen und besuchte dann 1897 die Technische Militärakademie in Wien. Ein Jahr später brach er die militärische Ausbildung ab und studierte stattdessen Maschinenbau an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn (1898-1901). Daran schloss sich ein Freiwilligenjahr bei der Infanterie in Brünn an. 1903 begann der Leutnant der Reserve nach einer Zeit als Volontärassistent an der TH Stuttgart mit dem Studium der Philosophie und Psychologie in Berlin und bereitete sich zugleich darauf vor, das Abitur nachzuholen (Brünn 1904). Er promovierte 1908 mit einer Arbeit über das Werk des Physikers und Philosophen Ernst Mach. 1911 siedelte er nach Wien über und arbeitete bis 1914 als Bibliothekar an der TH. Nach dem Krieg, an dem er als Kompanieführer und (nach einer Verwundung) als Redakteur teilnahm, arbeitete er im Außen- und Heeresministerium. Danach lebte er in prekären ?nanziellen Verhältnissen als freier Schriftsteller und widmete sich v. a. seinem Hauptwerk. 1931 zog er nach Berlin, kehrte aber 1933 wieder nach Wien zurück. Nach dem Verbot seiner Bücher in Deutschland und Österreich emigrierte er 1938 in die Schweiz, wo er bis zu seinem Tod gegen die drohende Ausweisung kämpfte. Seinen größten Erfolg hatte M. mit seinem ersten Roman, den Verwirrungen des Zöglings Törleß, der Geschichte eines Internatsschülers, der sich an sadistischen Quälereien eines Mitschülers beteiligt und in homosexuelle Beziehungen verstrickt, um dabei Einsichten in verborgene seelische Vorgänge zu gewinnen. Es geht also nicht - wie in zahlreichen anderen zeitgenössischen Schulgeschichten - um die Entlarvung autoritärer, militarisierter Erziehungsstrukturen, sondern um den Versuch, einer anderen Wirklichkeit jenseits der konventionellen näher zu kommen. Die Erfahrung dieser Spaltung, dieser doppelten Wirklichkeit, und die Sehnsucht nach ihrer Überwindung bzw. das Problem ihrer begrif?ichen Erfassung und sprachlichen Mitteilung bleibt M.s zentrales Thema in den folgenden Erzählungen, seinem Drama Die Schwärmer und v. a. seinem unvollendet gebliebenen Hauptwerk, dem Mann ohne Eigenschaften. Der Roman stand seit 1923 im Mittelpunkt seiner Arbeit. Es ist ein Werk, das (statt einer ursprünglich geplanten linear-biographischen Erzählung) den Versuch unternimmt, der Komplexität der modernen Welt, für die Kakanien steht, durch ein vielfältiges Beziehungsge?echt von Handlungssträngen, Motivkomplexen und Personenkonstellationen gerecht zu werden. Die 'Handlung' des mit essayistischen und re?exiven Partien durchsetzten Romans beginnt im August 1913 und stellt in seinen beiden ersten Teilen (Bd. 1) eine satirische Abrechnung mit den Ideologien der Vorkriegsjahre dar. Sichtbar gemacht wird die geistige Verfassung der Zeit durch die mit erzählerischen und essayistischen Mitteln kunstvoll inszenierte Kontrastierung der Hauptgestalt Ulrich, dem mit einem ausgeprägten Möglichkeitssinn ausgestatteten Mann ohne Eigenschaften, mit den Planern und Mitläufern der so genannten Parallelaktion (Vorbereitungen zum Thronjubiläum Kaiser Franz Josefs I. 1918 parallel zu den zu erwartenden deutschen Festlichkeiten für Kaiser Wilhelm II.). Die Überwindung des falschen Bewusstseins, das diese Gesellschaft charakterisiert, erscheint in der aus den Fugen geratenen Welt nur im Wahnsinn möglich (Beispiele sind die ekstatische Nietzsche-Verehrerin Clarissa und der Prostituiertenmörder Moosbrugger). Die Überwindung der Spaltung des modernen Bewusstseins, der Versuch der (punktuellen) Erfahrung einer anderen Wirklichkeit ist Gegenstand des zweiten Bandes. Ulrich versucht diesen anderen Zustand in einer mystischen Vereinigung mit seiner Schwester Agatha zu leben und scheitert (wobei allerdings der genaue Fortgang der Handlung ungesichert und die Rekonstruktion des Herausgebers Adolf Frisé in der Ausgabe von 1952 höchst problematisch ist). M. bezeichnete den Mann ohne Eigenschaften als einen Essay von ungeheuren Dimensionen, als einen Roman, in dem die Geschichte, die in ihm erzählt werden soll, nicht erzählt wird. In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) - © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.