Beschreibung
In den hier gesammelten Versuchen und Vorarbeiten skizziert Hubert Cancik die Struktur der römischen Religion und erzählt ihre Geschichten. Er beobachtet die kultische Praxis und erklärt ihre Selbstreflexion, die eigene und die Kritik der anderen, der Griechen, Juden, Christianer. Das räumliche Zentrum dieser Religion und dieser Essays ist die Stadt Rom und die stadtrömische Religionsgeschichte: Denn diese Stadt ist das "Haupt", der "Tempel", der "Verschnitt" der Oekumene. Die Religionsgeschichte der Stadt Rom führt aber eben deshalb immer auf die Religionsgeschichte eines Imperium, das keine Grenze hat in Raum oder Zeit (Vergil). Der zeitliche Schwerpunkt der Aufsätze liegt in der klassischen Epoche, der Kaiserzeit und der Spätantike. Hier zeigt sich die Interaktion der römischen mit der griechischen, jüdischen und christlichen Religion in hervorragenden Texten (Markus, Tacitus, Flavius Josephus, Lukas, Lukian, Apuleius, Augustin). Alle Religionen dieser Epoche entwickeln oder verstärken universalistische Tendenzen. Auf der Grundlage früher und kontinuierlicher italisch-griechischer Kulturkontakte konvergieren unter dem nivellierenden Druck des Imperium die Religionen des Mittelmeerraumes. Es entsteht ein multireligiöses System, das als 'Reichsreligion' verstanden werden kann. Das interreligiöse Gespräch war auch in der Antike selten und schwierig. Fremde Bilder und Riten können Angst auslösen oder transportieren; Vermeidung der anderen Religion ist leichter als ihre Wahrnehmung. Repression, Entsakralisierung, Ästhetisierung sind Folgen dieser Konflikte. Die Geistesgeschichte der römischen Religion interpretiert die "mythische Theologie" der Dichter, die geschichtlichen und philosophischen Reflexionen auf Religion, die Anfänge von Religionsgeschichtsschreibung und Religionswissenschaft.
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Autorenportrait
ist Professor emeritus für klassische Philologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.