Beschreibung
Ein sicheres Haus: Samantha Laschen, Fachärztin für posttraumatische Medizin, ist mit ihrer kleinen Tochter in ein einsam gelegenes Haus gezogen. Als Samantha ein junges Mädchen bei sich aufnimmt, gerät ihr Leben auf höchst bedrohliche Weise außer Kontrolle
Der Glaspavillon: Auf dem Landsitz der Martellos wird die Leiche der vor Jahren verschwundenen Tochter Natalie gefunden. Jane, Natalies Schwägerin, macht sich auf die gefährliche Suche nach der Wahrheit
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Autorenportrait
Hinter dem Namen Nicci French verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit langem sorgen sie mit ihren höchst erfolgreichen Psychothrillern international für Furore. Sie leben mit ihren Kindern im Süden Englands.
Leseprobe
1. KAPITEL Mit der Tür fing es an. Die Tür war geöffnet. Sonst stand die Haustür nie offen, nicht einmal bei der wunderbaren Hitze im vorigen Sommer, die sie so an zu Hause erinnert hatte; aber da war sie, leicht nach innen geöffnet, und das an einem so kalten Morgen, daß die in der Luft hängende Feuchtigkeit Mrs. Ferrer in die pockennarbigen Wangen stach. Sie drückte ihre behandschuhte Hand gegen das weißlackierte Türblatt und prüfte nach, was ihre Augen ihr sagten. 'Mrs. Mackenzie?' Stille. Mrs. Ferrer rief noch einmal nach ihrer Arbeitgeberin, lauter diesmal. Als ihre Worte in der großen Eingangshalle widerhallten, war es ihr peinlich. Sie trat ins Haus und streifte ihre Schuhe dabei gründlich an der Fußmatte ab; das tat sie immer. Sie zog die Handschuhe aus und hielt sie in der linken Hand. Jetzt nahm sie einen Geruch wahr. Schwer und süßlich. Er erinnerte sie an etwas. So roch es auf dem Hof vor einer Scheune. Nein. Drinnen. In einer Scheune vielleicht. Jeden Morgen um Punkt halb neun sagte Mrs. Ferrer Mrs. Mackenzie mit einem Nicken guten Morgen, ging geräuschvoll an ihr vorbei, über das blankgebohnerte Parkett der Eingangsdiele, nahm die Treppe gleich rechts in den Keller, zog ihren Mantel aus, holte den Staubsauger aus dem Geräteraum und verbrachte eine Stunde mit dessen ohrenbetäubendem Lärm. Die große Treppe auf der Vorderseite des Hauses hinauf, durch die Flure im ersten Stock, die Flure im zweiten Stock, dann über die kleine Hintertreppe wieder hinunter. Aber wo war Mrs. Mackenzie? In ihrem fest zugeknöpften, haferschleimfarbenen Tweedmantel stand Mrs. Ferrer unsicher an der Tür und verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Sie konnte einen Fernsehapparat hören. Der Fernseher lief sonst nie. Sorgfältig streifte sie die Sohlen beider Schuhe an der Matte ab. Sie sah nach unten. Hatte sie das nicht eben schon getan? 'Mrs. Mackenzie?' Sie trat von der Matte auf das harte Holz - Bienenwachs, Weinessig und Paraffin. Sie ging hinüber zum vorderen Zimmer, das nie zu irgend etwas benutzt wurde und kaum gesaugt werden mußte, obwohl sie es trotzdem tat. Natürlich war niemand darin. Alle Vorhänge waren zugezogen, das Licht brannte. Sie ging hinüber zum Fuß der Treppe und zum zweiten vorderen Zimmer. Sie legte die Hand auf den Treppenpfosten, der von einer ornamentreichen Schnitzerei aus dunklem Holz gekrönt wurde, die aussah wie eine Ananas mit Schnabel. Afrormosia, ein Tropenholz - Leinöl brauchte man dafür, abgekocht, nicht roh. Niemand da. Sie wußte, daß der Fernseher im Wohnzimmer stand. Sie trat einen Schritt vor, ihre Hand streifte die Wand, als wollte sie sich abstützen. Ein Bücherschrank. Ledergebundene Bände, die Lanolin und Klauenfett benötigten, zu gleichen Teilen. Es war möglich, überlegte sie, daß, wer immer da fernsah, ihren Ruf nicht gehört hatte. Und was die Tür betraf- vielleicht wurde etwas geliefert, oder der Fensterputzer hatte sie beim Hereinkommen offengelassen. So beruhigt, ging sie zur Rückseite des Hauses und in das Hauptwohnzimmer. Sehr schnell, binnen weniger Sekunden nach dem Betreten des Raums, hatte sie sich heftig auf den Teppich übergeben, den sie seit achtzehn Monaten an jedem Werktag gestaubsaugt hatte. Sie stand vorgebeugt, mit gesenktem Oberkörper, und keuchte. Sie suchte in ihrer Manteltasche herum, fand ein Papiertaschentuch und wischte sich den Mund ab. Sie war über sich selbst überrascht, fast verlegen. Als Kind war sie einmal von ihrem Onkel durch ein Schlachthaus außerhalb von Fuenteobejuna geführt worden. Er hatte auf sie herabgelächelt, weil sie nicht in Ohnmacht fallen wollte beim Anblick des Blutes und der abgehackten Gliedmaßen und vor allem des Dampfes wegen, der von dem kalten Steinboden aufstieg. Das war der Geruch, an den sie sich erinnert hatte. Ganz und gar kein Scheunengeruch. Blutspritzer waren so weiträumig verteilt, bis hinauf an die Decke, bis an die gegenüberliegende Wand, als wäre Mr. Mackenzie explodiert. Doch das meiste Blut befand sich in dunk Leseprobe