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Totenseelen

Ein Hiddensee-Krimi 2

Erschienen am 13.10.2008
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442468553
Sprache: Deutsch
Umfang: 224 S.
Format (T/L/B): 1.6 x 19 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

So tödlich kann Idylle sein! Reetgedeckte Häuser, malerische Häfen, Dünen in milder Septembersonne – und ein Mord. Altweibersommer auf Hiddensee. Mit der Ruhe auf der Ostseeinsel ist es jedoch schlagartig vorbei, als unter dem Fundament eines Sommerhauses ein menschliches Skelett gefunden wird. Erste Untersuchungen ergeben, dass der Tote an die 70 Jahre dort gelegen haben muss, was den Kreis der möglichen Zeugen erheblich einschränkt. Keine leichte Aufgabe für Polizeiobermeister Daniel Pieplow, denn er rührt an Erinnerungen, über die die ohnehin wortkargen Hiddenseer lieber schweigen …

Autorenportrait

Birgit Lautenbach wurde 1948 in Hamburg geboren.

Leseprobe

Polizeiobermeister Pieplow genoss die kalte, klare Luft und den leichten Salzgeschmack auf der Zunge. Wie ein Kurgast, dem Luftb?r verordnet waren, atmete er tief und gleichm?g, damit die Verspannungen in den Schultern sich l?sten und der Schmerz im Kopf abebbte. Sein Blick ging langsam ?ber das scheckige, spr?de Gras zwischen Deich und Wasserkante, das in diesem Sommer viel Sonne und so wenig Regen bekommen hatte, dass es jetzt die gleiche erdige Farbe wie die Netze hatte, die bis an die Mole hinunter zum Trocknen ausgebreitet lagen. Nur bei den Reusen, den F?ern und den Stapeln der Fischkisten gab es Gr?n in allen Schattierungen von giftig grell bis satt grasgr?n. Ein b?iger Westwind schob Wolken zu dunklen Gebirgen zusammen, t?rmte sie drohend immer h?her und lie?sie wieder zusammenst?rzen, fasste nach und fetzte L?cher ins Grau, durch die so pl?tzlich Sonnenstrahlen auf das Wasser schossen, dass Pieplow vor dem hellen Glitzern blinzelnd die Augen verschloss. Dr?ben am Au?npier schob die Vitte sich an ihren Platz. Ihre Maschinen legten ein dunkles Dr?hnen ?ber das Gnittern und Gnaastern in den Takelagen der Segler. Pieplows Blick wanderte an der Kaimauer entlang, an den Kuttern vorbei, von denen die Reusenfahnen aufragten wie beflaggte Riesenmikados. Rot f?r die Schleppnetze, schwarz f?r die Aalkorbketten. Vor dem Schuppen der Seenotrettung lag klein und gedrungen die Nausikaa, jederzeit startklar und stark genug, um sich auch in rauer See zu behaupten. Seit dreizehn Jahren war Daniel Pieplow Polizist auf Hiddensee und kannte jeden Winkel der Insel. Hochland und Steilk?ste, die sich schroff und trotzig der Brandung entgegenstemmte und mit jedem Sturm ihr Gesicht ver?erte. Den sanften S?den, dessen Sandb?e den Boden warm und flach machten. ?er den im Herbst die Hirsche vom Dar?her?berkamen. Aber obwohl es zwischen Enddorn und Gellen sch?nere Pl?e gab, war Pieplow gern im Vitter Hafen, wo es nach Schiffsdiesel und Arbeit roch, wo der Fang an Land gebracht und Fische verkauft wurden. Um alles daf?r Notwendige unterzustellen, reichten vier grob verputzte W?e und ein halbwegs solides Dach. Also lie?n die Vitter ihre Schuppen ungestrichen und zerborstene Scheiben so lange in den alten Eisenrahmen, bis sie herausbrachen und durch ein festes St?ck Pappe ersetzt wurden. Was anderen ein Dorn im Auge war, gefiel Pieplow. Es gab ?berall an der K?ste schon genug H?n, die mit ordentlich aufgereihten Sitzb?en und Pflanzk?beln aussahen wie gepflegte Busbahnh?fe. Hier fiel es leichter, ans Meer zu denken. An Arbeit, die den Kopf klar und den K?rper m?de macht. An das Gef?hl von Freiheit, das aufkommt, sobald ein Schiff die offene See erreicht. Mit einem Seufzer wandte er sich um. Von wegen Freiheit und klarer Kopf, dachte er. Zur?ck in die Dienststelle. Erledigen, was noch auf dem Schreibtisch wartet, und einfach nicht hinh?ren, wenn K?ner st?ert, weil er sich selbst auf die Nerven geht. ?Moin, Pieplow!?, h?rte er hinter sich, als er schon Richtung Deich auf dem Weg war. ?Nix zu tun??, rief einer der Schiffer von den Kuttern her?ber. Polizisten f?r ?berfl?ssige Nichtstuer zu halten, war alte Hiddenseer Tradition. Was zu regeln war, nahm man selbst in die Hand. ?So viel wie du allemal!?, gab Pieplow zur?ck und nahm das Gefrotzel nicht krumm. Denn eigentlich waren sie gut auf ihn zu sprechen, seit er Maries Kind zur?ckgebracht hatte. Auch wenn er ?berzeugt war, dass er dabei mehr Gl?ck als Verstand gehabt hatte - die Hiddenseer waren ausnahmsweise mal einer Meinung: Die Kleine verdankte dem Dorfsheriff ihr Leben. Daf?r, fanden sie, verdiente er Respekt. Ob der Alte auf der Bank am Deich das genauso sah, wusste Pieplow nicht. Im Vorbeigehen hob er die Hand an den M?tzenschirm, um den alten Kapit?Brahm zu gr??n. Jeden Tag sa?er dort oben. Ganz gerade, mit sorgf?ig gekn?pfter Joppe, eine Hand auf die Kr?cke gest?tzt. Den Blick unter der dunklen Schifferm?tze zwischen den Masten der Segler hindurch auf das Wasser gerichtet. Stundenlan Leseprobe