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Ich wünsche mir, daß irgendwo jemand auf mich wartet

Erzählungen

Erschienen am 18.02.2002
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446201309
Sprache: Deutsch
Umfang: 170 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 21 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Sie haben Ihr erstes Date und es verläuft fabelhaft, bis sein Handy klingelt. Er geht nicht dran, aber während er Ihnen in den Mantel hilft, wirft er einen verstohlenen Blick auf das Display. Der Mann ist passé. Gavaldas Geschichten zeigen das Menschliche in all seinen Facetten: Sie bringen das Leben auf den Punkt.

Autorenportrait

Homepage von Anna Gavalda

Leseprobe

Sarah Briot ist nicht hübsch. Sie ist süß, aber das ist nicht das gleiche. Sie ist nicht sehr groß, sie ist blond, aber man braucht nicht der Allgewaltige zu sein, um zu sehen, daß das nicht ihre echte Farbe ist, es sind Strähnchen. Wie alle Mädchen trägt sie häufig Hosen und noch häufiger Jeans. Was schade ist. Sarah Briot ist ein klein wenig füllig. Ich höre sie am Telefon mit ihren Freundinnen oft von Diät sprechen (da sie laut spricht und ich im Büro nebenan sitze, höre ich alles). Sie behauptet, sie müsse vier Kilo loswerden, um auf fünfzig zu kommen. Daran denke ich jeden Tag, ich habe es nämlich auf meiner Schreibunterlage notiert, während sie sprach: "54!!!". Auf diese Weise habe ich erfahren, daß sie schon die Montignac-Methode ausprobiert hat und "daß es ihr um die hundert Mäuse leid tat", daß sie das Innenheft aus der Aprilausgabe von Biba herausgetrennt hat mit den Spezialrezepten zum Abnehmen von Estelle Halliday, daß sie ein riesiges Poster in ihrer winzigen Küche hängen hat, mit einer Kalorientabelle für sämtliche Lebensmittel, und daß sie sogar eine kleine Küchenwaage gekauft hat, um alles a la Weight Watchers zu wiegen. Mit ihrer Freundin Marie, die lang und dürr ist, soweit ich verstanden habe, unterhält sie sich häufig darüber. (Unter uns gesagt, finde ich es bescheuert, denn ich weiß nicht, was ihre Freundin ihr antworten sollte.) An diesem Punkt meiner Erzählung könnten sich die weniger Hellen fragen: Was findet er nur an diesem Mädchen? Oh, oh &133; da muß ich ihnen aber Einhalt gebieten!!! Letztens habe ich Sarah Briot aus vollem Halse lachen hören, als sie erzählt hat (Marie vielleicht?), daß sie die Waage schließlich ihrer Mutter vermacht hat, damit sie ihr einen "dieser leckeren Sonntagskuchen" bäckt, und sie bekam sichtlich gute Laune, als sie das erzählte. Andererseits ist Sarah Briot kein gewöhnliches Mädchen, sie ist attraktiv. Alles an ihr lädt zum Streicheln ein, und das gibt&39;s auch nicht alle Tage. Halten Sie also die Klappe. *

Eine Woche vor Muttertag bin ich in meiner Mittagspause durch die Wäscheabteilung der Galeries Lafayette gebummelt. Die Verkäuferinnen, eine rote Rose im Knopfloch, waren im Großeinsatz und lagen auf der Lauer nach unentschlossenen Vätern. Ich hatte meine Aktentasche unter den Arm geklemmt und spielte "wenn-ich-mit-Sarah-Briot-verheiratet-wäre-was-würde-ich-ihr-kaufen"? Lou, Passionnata, Simone Perele, Lejaby, Aubade, mir schwirrte der Kopf. Manche Sachen fand ich zu pikant (es war ja schließlich Muttertag), bei anderen mochte ich die Farbe nicht oder die Verkäuferin (Make-up, meinetwegen, aber es gibt schließlich Grenzen). Ganz zu schweigen von all den Modellen, die ich nicht begriff. Ich konnte mir kaum vorstellen, im Eifer des Gefechts die ganzen mikroskopisch kleinen Druckknöpfe aufzumachen, und ich begriff nicht, wie die Strumpfhalter zu bedienen waren (mußte man sie im Ernstfall anlassen oder ausziehen?). Mir war heiß.

Schließlich habe ich für die künftige Mutter meiner Kinder ein Set aus hellgrauer Seide gefunden, Slip mit Büstenhalter von Christian Dior. Vom Feinsten.

"Welche BH-Größe hat Madame?" Ich stellte mir die Tasche zwischen die Füße. "Ungefähr so", sagte ich und wölbte meine Hände ca. fünfzehn Zentimeter vor der Brust. "Sie haben keine Ahnung?" fragte die Verkäuferin ein wenig schroff. "Wie groß ist sie denn?" "Na ja, sie geht mir ungefähr bis hier", antwortete ich und zeigte auf meine Schulter. "Ich verstehe" (konsternierter Blick). "Hören Sie, ich gebe Ihnen einen 90C, mag sein, daß er zu groß ist, aber die Kundin kann ihn problemlos umtauschen. Und Sie heben den Kassenbon gut auf, ja?" "Danke. Sehr schön", sagte ich im Ton desjenigen, der jeden Sonntag mit seinen Kindern in den Wald geht und dabei die Trinkflaschen und Regenjacken nicht vergißt. "Und als Slip? Wollen Sie lieber das klass ... Leseprobe