Beschreibung
Die Nacht wird zum Tag, und doch legen sich lange Schatten auf die Stadt. Erik Winter steht vor drei Leichen und einem Meer aus Blut. Winter kommt nur schwer voran in einem Milieu, in dem der Kampf ums Überleben zusammenschweißt. Der einzige Zeuge der Morde, ein kleiner Junge, versteckt sich vor ihm. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt - ein Fall, der den Blick freigibt in die Abgründe unserer Gesellschaft. Entdecken Sie auch das Hörbuch zu diesem Titel!
Produktsicherheitsverordnung
Hersteller: Ullstein Buchverlage GmbH
[email protected]Friedrichstr. 126
DE 10117 Berlin
Autorenportrait
Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Krimiautoren wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten.
Leseprobe
Ich erinnere mich an Sand, soweit ich zurückdenken kann. Sand. Etwas anderes wäre auch seltsam gewesen. Sand rann durch meine Finger, Sand bewegte sich unter meinen Schritten. Daran erinnere ich mich so deutlich, als hätte ich auch jetzt Sand unter den Füßen. Und ich erinnere mich an die Kälte der Nächte. In der Wüste gab es fast keine Wege, keine Wege hinein und keine Wege heraus. Meine Mutter hat einmal gesagt, die Wüste sei wie ein Schiff ohne Segel. Ich habe sie gefragt, was sie damit meine, weil sie doch noch nie auf dem Meer gewesen war und auch nicht auf einem Schiff, aber sie antwortete nicht. Ich hatte auch noch nie ein Segel gesehen, damals noch nicht. Die Zeltplane begann im aufkommenden Wind zu schlagen. Es war die Stunde, bevor die Kälte kam. Nachts wünschte man sich, nicht in seinem eigenen Körper zu stecken. Verstehen Sie, wie ich das meine? Man war nur Knochen, kein Fleisch und kein Blut. Man wollte weg von sich selbst und allem, was einen umgab, man wusste ja, was es bedeutete. Bald würde es kommen, in der Minute, in der man seinen Körper verließ, in der Sekunde, in der es geschah. Verstehen Sie? Tagsüber versuchten wir zu laufen. Viele Wochen können es nicht gewesen sein, aber schon einen Tag nach unserer Flucht oder höchstens zwei Tage später konnte ich mich nicht mehr erinnern, wann wir das Dorf verlassen hatten. Vielleicht unter einem anderen Mond. Vielleicht unter einem anderen Gott. Doch es gab nur einen Gott. Im Dorf war Gott überall gewesen, und er war für alle da. Gott ist groß, Gott ist groß. All das. Als sie meinen Vater umbrachten, hat er Gott angerufen. Mein Bruder hat fast gleichzeitig gerufen, es war wie ein Ruf nach unserem Vater, und dann ist auch er gestorben, einen Tod nach dem Tod unseres Vaters. Können Sie das verstehen? Ich glaube, Sie können es nicht. Während wir unter dieser verdammten Sonne wanderten, waren die Erinnerungen gleißend wie das Licht der Wüste. Sie glühten in meinen Augen. Die Augen meiner Mutter konnte ich nicht sehen. Ich hatte sie nicht mehr gesehen, seit wir das Dorf verlassen hatten. Ich kann mich nicht erinnern, wie wir entkommen sind. Vielleicht ist es ihnen nicht gelungen, alle zu töten, weil sie so viele gleichzeitig umbringen wollten. Das Töten ging nach Sonnenuntergang weiter, und im schwindenden Licht konnten wir fliehen. Meine Mutter hat mich gepackt wie ein Bündel Feuerholz, ein ziemlich großes Bündel, das aber nicht viel wog. Damals habe ich ihre Augen zum letzten Mal gesehen, im Licht der feuerroten Sonne. Und dann sind wir hinaus in die Nacht gestürmt. Ich erinnere mich an Blut. Es war schwarz im feuerroten Sonnenlicht, wie Öl. In der Erde gibt es viel Öl, das wissen Sie sicherlich, das wissen alle, ich habe beinah jeden Tag Öl gesehen, damals gab es fast genauso viel Öl wie Blut im Land. Jetzt ist das alte Blut im Sand versickert, das Öl aber wartet tief unten, und ich verstehe, dass Öl mehr wert ist als Blut, es ist dicker als Blut. Und Wasser, das dünner ist als Blut, ist auch mehr wert. Ich lief wieder. Ich hatte wieder Blut gesehen. Es war genauso schwarz. Ich hörte einen Schrei. Das Licht war wie Feuer, und es machte die Augen blind.
Schlagzeile
Mittsommeralptraum für Erik Winter