Beschreibung
Nirgendwo entwickelte sich der Sprachnationalismus des 19. Jahrhunderts so rigoros und militant wie in Deutschland. Und nirgendwo waren die Folgen derart fatal. Karl-Heinz Göttert liefert mit seiner historischen Studie des Allgemeinen deutschen Sprachvereins eine bittere Realsatire aus dem Giftschrank der deutschen Kulturgeschichte - mit hohem aktuellen Bezug. "Schmach über jeden Deutschen, der seine heilige Muttersprache schändet!" So wetterte Otto Sarrazin 1914 gegen alle, die es wagten, aus Fremdsprachen übernommene Lehnwörter zu verwenden. Er war der Vorsitzende des Allgemeinen deutschen Sprachvereins, der zwischen 1886 und 1943 versuchte, die deutsche Sprache von fremden Einflüssen reinzuwaschen. Unter viel Applaus fochten seine Mitglieder darum, Worte wie "Sauce" oder "Dame" aus dem Wortschatz zu entfernen. Dabei verband sich dieser Kampf mit einem Chauvinismus, der geradewegs in Fremdenhass mündete, den Kriegsausbruch als Chance auf Deutsch als Weltsprache begrüßte und schließlich den Rassismus der Nazis aufnahm. Der Germanist Karl-Heinz Göttert hat die so erfolglose wie unheilvolle Geschichte dieses dogmatischen Intellektuellenzirkels umfassend recherchiert. Sein Buch zeigt, wie vernunftbegabte Bildungsbürger auf nationalistische Abwege geraten.
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Autorenportrait
Karl-Heinz Göttert, geboren 1943 in Koblenz, war bis 2009 Professor für Germanistik an der Universität zu Köln. Seine Schwerpunkte sind Rhetorik, Stilistik und Konversation. Er hat historische Kriminalromane sowie Standardwerke über Sprache und Orgelmusik verfasst. Bei Ullstein erschienen von ihm Deutsch. Biografie einer Sprache und Alles außer Hochdeutsch. Ein Streifzug durch unsere Dialekte. Seine bei S. Fischer veröffentlichte Studie "Mythos Redemacht" stand 2015 auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse.