Beschreibung
Nutze alles! Das ist der Grundsatz der Herangehensweise. Nutze das, was der Klient gut kennt, was er sagt, wahrnimmt und ablehnt. Nutze vor allem seine Symptome und Probleme. Wie diese überraschenden Interventionen genau funktionieren und gelingen, macht der Autor an vielen Fall- und Anwendungsbeispielen aus der Praxis deutlich. - Großer Anwendungsbereich bei nahezu allen Symptomen und Störungen - Stefan Hammels 'Handbuch des therapeutischen Erzählens' hat sich bereits gut bewährt. ZIELGRUPPE: Psychotherapeuten aller Schulen systemische Familientherapeuten Hypnotherapeuten
Autorenportrait
Stefan Hammel ist ausgebildet als Systemischer Therapeut und Hypnotherapeut; er ist Leiter des 'Instituts für Hypnosystemische Beratung' in Kaiserslautern (Pfalz) sowie Referent von hypno- und systemtherapeutischen Ausbildungsinstituten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er ist zudem Autor des hypnosystemischen Blogs 'HYPS' und Autor therapeutischer Medien (DVDs, CDs, Postkarten, Paartherapeutisches Spiel). Interviews mit Stefan Hammel über 'Wenn Geschichten heilen' und 'Vom Nutzen des Unnützen - was ist Utilisation?' finden Sie unter: www.stefanhammel.de
Leseprobe
Vorwort Kampot in Kambodscha. Wir sitzen vor einer Bambushütte.'Au!' 'Moskito oder Ameise?' 'Ameise.' Die Insekten sind das einzig Unangenehme an diesem Ort. Wir betrachten die Muscheln und Schnecken, die wir am Strand gesammelt haben. 'Wenn wir die mitnehmen, stinken sie uns die Koffer voll, auf der ganzen Reise bis nach Hause.' Um eine geruchsfreie Nacht zu verleben, lassen wir die Überreste der Schalentiere vor der Tür. Als wir am anderen Morgen vor die Tür treten, sind die Schalen übersät von Ameisen. Als wir am übernächsten Morgen vor die Tür treten, sind keine Ameisen mehr da. Als wir am Morgen darauf aufbrechen, nehmen wir die Schalen mit. Kein Hauch eines Geruchs geht von ihnen aus. Phnom Penh, Kambodscha. Wir gehen durch eine Einkaufsstraße. 'Wickwack, wickwack.' Eine Hupe, die wie eine Gummi-Badeente klingt, kündigt eine Müllsammlerin an, die mit ihrem Handwagen durch die Straße zieht. Manche dieser Sammlerinnen sind auf Glas- und Plasikflaschen spezialisiert, manche nehmen jede Art von Müll, einige suchen Reis- und Baustoffsäcke oder Dosen. Glasflaschen werden an Moped-Tankstellen verkauft, in die Benzin abgefüllt wird, Plastikflaschen können als Wasserbehälter dienen oder verfeuert werden, Baustoffsäcke können mit Beton gefüllt als formbare Mauersteine Verwendung finden, und Nahrungsmittelsäcke mit schönen Motiven können in Taschen für Touristen verwandelt werden. Aus Blechdosen kann man Spielzeug machen, das ebenfalls von Touristen gekauft wird. Phnom Penh hat keine geregelte Müllabfuhr. Die Straßen sind weitgehend abfallfrei. Zurück in Kaiserslautern. Wir besprechen das Titelbild des Buches. 'Im Kern handelt doch dein Buch von Recycling.' 'Man merkt deine Erfahrung als Umweltingenieurin.' 'Doch! Nutzen des Unnützen bedeutet Recycling.' 'Ja, wir recyceln Leben. Symptome, Erinnerungen, Werte, Worte.' 'Hat denn das Titelbild etwas mit Recycling zu tun?' 'Der Apfel, die Vorhänge, der Himmel: Ich glaube, das ist alles nützlich in seinem ursprünglichen Zusammenhang. Von seinem Ursprung getrennt betrachtet ist alles unnütz.' 'Sind die Sachen auf dem Bild also unnütz?' 'Sie sind in einem Zwischenzustand. Sie sind auf dem Weg zur Wiederverwertung.' Auch die Gedanken dieses Buches sind in einem Zwischenzustand. Sie sind auf einer Reise. Im Buch sind sie nichts als Tintenkleckse. Und weder im Autor noch im Leser werden sie jemals dieselben sein wie die, als die sie aufgeschrieben wurden. So danke ich euch, die ihr das Bestehende aus dem Bestehenden erneuern wollt, und allen, die das scheinbar Nutzlose in den Kreislauf des Lebens zurückführen. Dass das Vorhandene im Leben von Menschen als kostbar behandelt wird, auch inmitten von Unerreichtem und Unerfülltem, ist das Anliegen dieses Buches.EINLEITUNG Das Problem vor dem Karren der Lösung Nutze alles! Das ist der Grundsatz dieses Buches. Nutze die Botschafter des Problems als Wegbereiter der Lösung! Nutze das, was der Klient gut kennt, nutze alles, was ihm vertraut und plausibel ist! Nutze, was ihm unbestreitbar ist, nutze, was er mag und was er hasst! Nutze, was er denkt und was er sagt, was er wahrnimmt, tut und erlebt! Nutze seine Symptome! Nutze das Problem für die Lösung des Problems! Nutze die Krankheit für die Gesundheit und den Schmerz für das Wohlbefinden!Alles ist für eine Lösung nützlich, vor allem alles, was das Problem ausmacht, was mit ihm in Verbindung steht, was mit ihm in Verbindung gebracht wird oder zeitgleich mit ihm auftritt.Im Alltag sind wir oft bemüht, Probleme mit Lösungen zu bekämpfen. Dabei übersehen wir womöglich, dass diese Probleme sich gerade deswegen im Leben eines Menschen so zäh zu halten vermögen, weil sie werthaltig sind. Wenn wir die Werte nutzen, die den Symptomen und ihrem Kontext innewohnen, kann es gelingen, das Problem vor den Karren der Lösung zu spannen. In Übereinstimmung mit der positiven Intention der Symptome und des Umfelds, das sie hervorgebracht hat, sind therapeutische Veränderungen zu erreichen.Trotz der Bedeutung des Utilisationsgedankens in der Psychotherapie gibt es bisher kein Konzept, um Utilisation systematisch zugänglich zu machen. Überhaupt ist wenig spezifische Literatur zu diesem Thema verfasst worden. Das mag zum einen daran liegen, dass beim systematischen 'Nutzen des Unnützen' eine solche Vielfalt an möglichen Ausgangsproblemen und Zielsetzungen, an utilisierbaren Inhalten und an therapeutischen Interventionen zu berücksichtigen ist, dass eine umfassende Darstellung des Themas ausgeschlossen scheint. Zum anderen geht es beim Konzept der Utilisation darum, die Therapie so individuell zu gestalten, wie es die Klienten und ihre Anliegen sind. Wie kann man eine möglichst individuelle Beratung so allgemein beschreiben, dass das Dargestellte in neue Situationen übertragbar ist, ohne seinen Anspruch auf Individualität zu verlieren?Sicher wäre es lohnend, den Ansatz der Utilisation einer wissenschaftlichen Überprüfung zu unterziehen. Eben dies dürfte sich aus den genannten Gründen allerdings schwierig gestalten: Statistische Aussagen benötigen als Grundlage eine möglichst große Zahl von Einzelereignissen, die unter einem bestimmten, definierten Gesichtspunkt vergleichbar sind. Diese Anforderung steht in Spannung zum Ansatz der Utilisation, die Therapie so weit als möglich zu individualisieren. Damit soll die Therapie nicht der Beliebigkeit der Methoden und Inhalte unterworfen werden, sondern es soll auf der Grundlage einer Vielfalt von beschreibbaren therapeutischen Grundsätzen möglichst angemessen auf die Einzigartigkeit jedes Klienten und jeder therapeutischen Situation eingegangen werden.Leser des Manuskripts haben die Frage aufgeworfen, ob die Skizzenhaftigkeit der dargestellten Fälle nicht den Eindruck hinterlassen könnte, als ob wenige Interventionen genügten, um weitreichende Veränderungen zu erreichen. In einigen der beschriebenen Therapiesituationen ist dies tatsächlich der Fall gewesen, so etwa bei den dargestellten Phobietherapien. In anderen Fällen wurden um der Übersichtlichkeit der Darstellung willen nur die Interventionen beschrieben, die offenbar zum Ziel geführt haben.Gerade bei kurzen Therapien, die mit relativ wenigen Interventionen auskommen, ist ein guter Überblick über die möglichen Risiken und Nebenwirkungen der therapeutischen Arbeit nötig. Es entspräche dem Gegenteil eines Utilisationskonzeptes, wenn Leser dieses Buch als 'Kochbuch' zur genauen Nachahmung verwendeten. In vielen Bereichen, wie bei somatischen Erkrankungen, bei der Arbeit mit traumatischem Erleben, bei Persönlichkeitsstörungen und wahnhaftem Denken, ist es zudem wichtig, dass Spezialisten verschiedener Fachrichtungen zusammenarbeiten und jeder Berater sich bewuss Aspekte in den jeweiligen Fallgeschichten beschränken. Mit beschrieben werden muss, wie Assoziationsnetze, die ein symptomatisches Erleben hervorrufen, sich selbst aufrechterhalten und wie sie verändert werden können. Dieses Buch stellt mei...
Inhalt
Vorwort 9 EINLEITUNG 11 1 Das Problem vor dem Karren der Lösung 11 11 Das Unnütze nützen 14 12 Das Erickson'sche Utilisationskonzept 16 13 Utilisation als Prozess von Folgen und Führen 22 14 Die Assoziationsnetze des Ausgangs- und Zielsystems 23 15 Anamnese und Zielklärung32 16 Eine Brückevom Problem zur Lösung 33 17 Das Erzeugen von Problem- und Lösungsmodellen 43 ERSTER HAUPTTEIL: Nützliche ANLIEGEN 49 2 Utilisationstechniken bei spezifischenProblemstellungen 49 21 Somatisch assoziierteSymptome 53 211 Schmerzen und Missempfindungen 53 212 Immunreaktionen 70 213 Tinnitus 84 214 Schlaf 95 215 Sexualität 101 216 Sucht 105 217 Lernen, Gedächtnis und Verhaltenssteuerung 116 22 Psychisch assoziierteSymptome129 221 Angst und Zwang 129 222 Depression 147 223 Aggression 153 224 Selbstgefährdendes Verhalten 158 225 Manie, Psychose, Wahn163 226 Trauma und Traumafolgen 169 227 Belastungen durch Verlust und Trauer 181 228 Belastungen in Partnerschaften 184 ZWEITER HAUPTTEIL: Nützliche KONTEXTE 189 3 Utilisation biografischer und aktueller Ressourcen 189 31 Das Problemverständnis der Klienten 189 32 Autonomiestreben und Abwehrverhalten 191 33 Schutzbedürfnisse 194 34 Soziale Beziehungen 195 35 Kulturelle, regionale und sprachliche Besonderheiten 196 36 Berufe, Begabungen und Interessen 197 37 Biografische Erlebnisse 199 38 Äußerungen der Klienten 200 39 Die Beratungssituation 200 391 Gegenstände, Architektur- und Landschaftselemente 201 392 Zufällige Ereignisse während der Beratung 204 393 Psychoedukation und medizinische Information 205 DRITTER HAUPTTEIL: Nützliche METHODEN 209 4 Utilisationstechniken 209 41 Kopplung 209 411 Einfache Kopplung 213 412 Doppelte Kopplung 218 413 Serielle Kopplung 223 414 Vernetzte Kopplung 224 415 Entkopplung 226 42 Altersregression und Altersprogression 228 421 Erlebnisinhalte in die Vergangenheit bringen 229 422 Erlebnisinhalte in die Gegenwart bringen 230 423 Erlebnisinhalte in die Zukunft bringen 231 43 RapportbasierteInterventionen 232 431 Realer und imaginierter Rapport233 432 Pacing und Leading 235 433 Rapportunterbrechung 236 44 ParadoxeInterventionen 237 441 Symptomverschreibung 238 442 Symptomverstärkung 239 443 Symptomveränderung 240 45 Therapeutische Paradoxien 243 46 Reframing 245 461 Realistisches und irreales Reframing 247 462 Direktes, beispielhaft es und metaphorisches Reframing 248 463 Positiv-, Negativ- und Suchmodelle 250 464 Regel, Ausnahme und Trickfilmlogik 251 465 Veränderung der Interpunktion 252 466 Veränderung zugeschriebener Eigenschaften 253 47 Externalisieren und Visualisieren von Erlebnisinhalten 254 48 Personifizieren von Erlebnisinhalten 256 481 Unsichtbare Freunde259 482 Ambivalenzdialog259 483 Missverständnis-Intervention261 484 Früher, Jetzt und Später im Gespräch262 49 Einfache Veränderungen des Aufmerksamkeitsfokus 266 491 Verschiebung des Aufmerksamkeitsfokus 266 492 Umkehrung des Aufmerksamkeitsfokus 267 493 Konzentrieren des Aufmerksamkeitsfokus268 410 DirektiveInterventionen 268 4101 Warnung 269 4102 Hausaufgabe 270 4103 Ordeal 271 5 Schlussgedanken 273 ANHANG 275 6 Verzeichnisse 275 61 Fallverzeichnis 275 62 Stichwortverzeichnis 276 63 Literaturverzeichnis 283
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Nutze das Problem für die Lösung des Problems!