Beschreibung
Ein genialer Außenseiter auf der Suche nach Anerkennung im Paris der 1920er Jahre. Ein junger Arzt ist voller Hoffnung mit seiner Familie von der Krim nach Frankreich eingewandert. Aber er bekommt im Nizza und Paris der 1920er Jahre keine Chance, sich zu beweisen. Bis er sich entschließt, die Schönen und Reichen mit einer neuartigen Heilungsmethode zu beeindrucken und ihm als Scharlatan ein atemberaubender gesellschaftlicher Aufstieg gelingt. Er wird zum Herr der geschundenen, dekadenten Seelen - und zum Sklaven seines Ehrgeizes . Von der Autorin des Bestsellers "Suite française".
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Autorenportrait
Irène Némirovsky wurde 1903 als Tochter eines reichen russischen Bankiers in Kiew geboren und kam während der Oktoberrevolution nach Paris. Dort studierte sie französische Literatur an der Sorbonne. Irène heiratete den weißrussischen Bankier Michel Epstein, bekam zwei Töchter und veröffentlichte ihren Roman "David Golder", der sie schlagartig zum Star der Pariser Literaturszene machte. Viele weitere Veröffentlichungen folgten. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach und die Deutschen auf Paris zumarschierten, floh sie mit ihrem Mann und den Töchtern in die Provinz. Während der deutschen Besetzung erhielt sie als Jüdin Veröffentlichungsverbot. In dieser Zeit arbeitete sie an einem großen Roman über die Okkupation. Am 13. Juli 1942 wurde Irène Némirovsky verhaftet und starb wenige Wochen später in Auschwitz. 2005 entzifferte Némirovskys Tochter Denise Epstein das Manuskript, das als "Suite française" veröffentlicht und zur literarischen Sensation wurde.
Leseprobe
?Ich habe nein gesagt.' Vergeblich zwang sich Dario, Ruhe zu bewahren. In Augenblicken der Erregung wurde seine Stimme schrill. Er gestikulierte. Er hatte jenes levantinische Aussehen, die ängstliche, hungrige Miene eines Wolfs: jene Züge, die nicht von hier sind, jenes Gesicht, das hastig von einer fiebrigen Hand geknetet worden zu sein scheint. Wütend schrie er: 'Sie verleihen Geld, ich weiß es!' Alle lehnten ab, wenn er sie bescheiden bat. Es bedurfte anderer Töne! Er würde sich abwechselnd der List und der Drohung zu bedienen wissen. Er würde vor nichts zurückschrecken. Er würde betteln oder der alten Wucherin das Geld mit Gewalt entreißen. Seine Frau und das Kind, das gerade zur Welt gekommen war, hatten nur ihn, Dario, auf der Welt, der sie ernähren konnte. Sie zog ihre breiten Schultern hoch. 'Ja, ich verleihe Geld! Was haben Sie mir zu bieten?' Ah, das war schon besser! Er hatte nicht umsonst gehofft. Manchmal antwortet jemand, den man um etwas bittet, 'nein', aber sein Blick sagt 'ja'. Frag noch mal. Biete etwas an, eine Gefälligkeit, eine Komplizenschaft. Nur bitten darfst du mich nicht, das ist zwecklos. Kaufe. Aber was konnte er ihr geben? Hier gehörte ihm nichts. Diese Frau war seine Vermieterin; seit vier Monaten wohnte er in einer freien Etage in dem kleinen Pavillon, den sie in eine Familienpension für Emigranten umgewandelt hatte. 'Wer braucht kein Geld?' sagte sie. 'Die Zeiten sind hart.' Sie fächelte sich Luft zu. Sie trug ein rosa Leinenkleid. Ihr massiges, hochrotes Gesicht blieb gleichgültig. >Gräßliche Person!Die anderen gehen im Rudel, organisiert, geführtIch aber bin allein. Ich jage allein, für meine Frau und meinen Kleinen!< 'Wie soll ich denn leben?' rief er aus. 'Niemand kennt mich in Ihrer Stadt. Jetzt wohne ich schon vier Monate in Nizza. Ich habe alle möglichen Opfer gebracht, um mich hier niederzulassen. In Paris lag das Glück vor meiner Tür. Ich brauchte bloß zu warten.' (Er log. Er wollte sie um jeden Preis überzeugen.) 'Hier behandle ich nur Russen. Ich kenne nur ausgehungerte Emigranten. Kein einziger Franzose verlangt nach mir. Niemand hat Vertrauen zu mir. Es liegt an meinem Gesicht, meinem Akzent, ich weiß nicht, woran', sagte er, und während er sprach, strich er mit der Hand über sein pechschwarzes Haar, seine mageren braunen Wangen, seine Lider mit den langen Wimpern einer Frau, die harte, fiebrige Augen halb verbargen. 'Vertrauen läßt sich nicht erzwingen, Martha Alexandrowna. Sie sind Russin, Sie wissen ja, wie es ist, wenn man im Abseits lebt. Ich habe ein französisches Arztdiplom, bin an Frankreich gewöhnt, habe die französische Staatsbürgerschaft erworben, aber man behandelt mich als Ausländer, und ich fühle mich als Ausländer. Man muß warten. Ich sage es noch einmal: Vertrauen läßt sich nicht erzwingen, es muß ged Leseprobe