Beschreibung
Der Kieler Matrosenaufstand und die Novemberrevolution von 1918 führten in der ehemaligen Reichsmarinestadt auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet zu einem radikalen Wandel. Für Künstler, Literaten und Schauspieler war der Expressionismus die angemessene Kunstform, dem Grauen des Krieges, aber auch den politischen und sozialen Utopien angemessenen Ausdruck zu verleihen. Künstlerinnen, denen die Weimarer Republik erstmals den Zugang zu Staatlichen Kunstakademien ermöglichte, hatten es weiterhin schwer und wurden nach der Eheschließung von ihren Männern zur Aufgabe ihres Berufes genötigt. Die begabtesten Künstler verließen Kiel bereits in den 1920er Jahren. Wer in Kiel blieb, bezahlte einen hohen Preis. Einige verzettelten sich in einem Geflecht von Intrigen, Richtungskämpfen oder Künstlerneid. Fast alle Kieler Künstlerinnen und Künstler büßten im Bombenhagel des Weltkrieges große Teile ihres Werkes ein. Hans Hansen und Bruno Willer verloren ihr Leben an der Front, Heinrich Ehmsen erlebte die Folterungen im Berliner Gestapo-Keller, Erich Schmidt-Kabul wurde zwangssterilisiert, Richard Grune kam als Homosexueller in ein Konzentrationslager, Hans Ralfs landete in der Psychiatrie. Dagegen stieg Erich Vollbehr mit seinen Propagandagemälden der Reichsparteitage zum Günstling des Führers auf und setzte seine Tätigkeit als gefeierter Künstler nach Kriegsende fort. Mit dem Titel "Kieler Künstler - Von der Weimarer Republik bis zum Ende des Dritten Reiches" findet die auf drei Bände angelegte Gesamtdarstellung des Kieler Kunstschaffens, die in Band 1 dem Dänischen Gesamtstaat und in Band 2 der Zeit Preußens gewidmet war, ihren Abschluss. Unter anderem werden in 30 ausführlichen Biografien Künstler und Künstlerinnen dieser Zeit gewürdigt. Dabei wurden Tageszeitungen und schriftliche Nachlässe in Archiven, Museen und im Privatbesitz in einem Umfang ausgewertet, der neue Maßstäbe setzt.
Autorenportrait
Prof. Dr. Ulrich Schulte-Wülwer war 25 Jahre Direktor am Museumsberg in Flensburg und seit 2009 zusätzlich Honorarprofessor am Kunsthistorischen Institut der Universität Kiel. Gegenwärtig ist er Aufsichtsratsvorsitzender des Museums Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr. Seine Bücher "Künstlerkolonie Ekensund (2001), "Künstlerinsel Sylt" (2005) "Sehnsucht nach Arkadien" (2009) "Föhr, Amrum und die Halligen in der Kunst" (2012) und "Sylt in der Kunst" (2018) gelten als Standardwerke der schleswig-holsteinischen Kunstgeschichte.