Beschreibung
Ein Virus dominiert weltweit die Kommunikationsströme. "Corona" ist von gesamtgesellschaftlicher Relevanz, das Kennzeichen jeder Krise. Nicht nur die Körper sind infiziert, auch die Gesellschaft ist es. Ein Zwang zum Urteilen und Handeln unter Zeitnot, eine unbestimmte Verpflichtung zur Aktion setzt Politik, Wirtschaft, Massenmedien und nicht zuletzt die Wissenschaft unter Druck. Man könnte von einer sozialen Immunantwort der Gesellschaft sprechen, einem Krisenmanagement, das unterschiedliche kommunikative Anschlüsse organisiert; Anschlüsse, die zum Virus ein Verhältnis suchen.
Da es in der modernen Gesellschaft keine Zentralinstanz mehr gibt, die grundlegende Direktiven festlegt, bildet jeder der gesellschaftlichen Teilbereiche andere Antikörper aus. "Corona" ist für die Politik etwas anderes als für die Wirtschaft, für die Religion etwas anderes als für die Wissenschaft. Allerdings ist die Corona-Krise nicht nur ein Ausnahmezustand, der zwei unterschiedliche Strukturen miteinander konfrontiert: die gewohnten, die wir alltäglich als normal empfinden, und jene des Lockdowns und der Kontaktbeschränkungen, die diese unterbrechen. Die Corona-Krise ist auch ein Anlass, jenseits globaler Lieferketten über die eigene Identität nachzudenken. Wir können sie als Übung begreifen, denn ähnliche und vielleicht tödlichere Infektionskrankheiten können jederzeit neu auftreten. Sie finden in der Struktur der Weltgesellschaft beste Bedingungen vor. Hat Corona sie womöglich für immer verändert?
Vorliegender Sammelband ist der Versuch, dem öffentlichen Interesse an wissenschaftlichen Resultaten ohne Verlust an Komplexität und Sinngenauigkeit gerecht zu werden. Er bringt das Nachdenken über die Pandemie in Form eines interdisziplinären Projekts auf die Höhe der gesellschaftlichen Praxis: Soziologie, Philosophie, Psychologie, Theologie, Rechtswissenschaft, Medizin und andere wissenschaftliche Programme leuchten die unterschiedlichenDimensionen des "Gegenstands" aus, um der übergreifenden Fragestellung gerecht zu werden, die das Virus für unsere Gesellschaft darstellt.
Autorenportrait
Markus Heidingsfelder ist seit 2019 Assistant Professor für Medientheorie im Journalismus-Department der Xiamen Universität Malaysia. Er studierte Fernseh-, Film- und Theaterwissenschaft an der Universität zu Köln, 2009 promovierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit der Arbeit System Pop (Berlin 2012). Lehraufträge an der DJS München, LMU München, der HCU Hamburg und der FU Berlin folgten. Von 20013-2018 war er am Aufbau der ersten Liberal Arts-Universität Pakistans (Habib University) beteiligt. Zuletzt erschien bei Springer seine systemtheoretische Analyse des Phänomens Donald Trump (Berlin 2020). Weitere Veröffentlichungen bei Velbrück Wissenschaft: Das Gehirn ist genauso doof wie die Milz (mit Peter Fuchs, 2005); Die Umschrift. Grenzgänge der Systemtheorie (mit Maren Lehmann und Olaf Maaß, 2015).
Maren Lehmann ist seit 2012 Professorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt Organisationstheorie sowie seit 2014 für Soziologische Theorie an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Ihre Habilitation in Soziologie erfolgte 2009 an der Universität Witten-Herdecke mit der Arbeit Mit Individualität rechnen: Karriere als Organisationsproblem (Velbrück Wissenschaft). Weitere Veröffentlichung bei Velbrück Wissenschaft: Umschrift. Grenzgänge der Systemtheorie (mit Markus Heidingsfelder und Olaf Maaß, 2015).
Inhalt
Inhalt
Markus Heidingsfelder& Maren Lehmann
Vorbemerkung. . . . . 9
Annäherungen
Liu Ding, Liu Qingshuo& Carol Yinghua Lu
Letters Against Separation. . . . . 7
Durs Grünbein
Die große Überforderung. . . . .40
Durs Grünbein
Die luftleitenden Anteile der Lunge. . . . . 47
Barbara Vinken
Seuchen am See. . . . . 48
Jörg Heiser
"Artists in Quarantine": Die Kunstwelt und das Problem entleerter Heroik. . . . . 51
Peter Fuchs
Immer Ärger mit Corona Skizze zu einer grassierenden Theatromanie. . . . . 61
Zugänge
Dirk Baecker
Corona und die pulsierende Gesellschaft. . . . 71
Elena Esposito
Systemic Integration and the Need for De-Integration in Pandemic Times. . . . . 97
Alka Menon
Global disease surveillance systems and cooperation in Covid-19: Lessons not learned. . . . . 117
Michael King
"Led by the Science". . . . . 127
Gorm Harste
Crisis Transitions in the World Risk Society. . . 140
Fritz B. Simon
Verbotene und erlaubte Sozialformen. . . . . 152
Werner Stegmaier
Orientierung in der Corona-Krise. Vom Wissens-Modus in den Orientierungs-Modus. . . . . 167
Spannungen
Fang Ying, Heiner Fangerau& Alfons Labisch
Covid-19 and governments: Emerging infectious diseases and governance. Some preliminary thoughts. . . . . 187
Thomas Heberer
Chinas Kampf gegen Corona: Historische Erfahrungen, innen- und außenpolitische Implikationen. . . . . 213
Marius Meinhof
Das Virus der Anderen. Diskursive Ausschlussdynamiken und der neue Orientalismus im frühen Diskurs über Covid-19. . . . . 242
Verweisungen
Hans-Georg Moeller
Die Pandemie als Profilierungschance: Papst Franziskus, Donald Trump, Byung-chul Han und Corona. . . . . 265
Alexandra Grund-Wittenberg
Prophetisches Wächteramt. Eine Erinnerung . . 272
Günter Thomas
Theologie im Schatten der Coronakrise . . . . 296
Verzweigungen
Joachim Landkammer
Wer hat Angst vor'm schwarzen Mann? Das "Infektionsgeschehen" als Spiel. . . . . 325
Arist von Schlippe
Lachen über Covid-19? Psychologische Wege des Umgangs mit der Corona-Krise. . . . . 337
Hans-Ulrich Gumbrecht
Notstands-Staat als Staat der Zukunft? Die skandalöse und entscheidende Frage vom Rand der Pandemie. . . . . 351
Editorische Notiz. . . . . 355
Über die Autor/innen. . . . . 357
Über den Herausgeber/die Herausgeberin. . . 363
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