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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963621239
Sprache: Deutsch
Umfang: 344 S.
Format (T/L/B): 3 x 20.5 x 13.6 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Voller Engagement stürzt sich die Staatsanwältin Sophie Dawson in ihren nächsten großen Fall: Sie will Anklage gegen einen Bankangestellten erheben, der seit Jahren seine Klienten betrügt. Als sie zufällig gleich zwei kaltblütige Morde beobachtet, steht ihr Leben schlagartig kopf. Jetzt muss sie nicht nur als Hauptzeugin aussagen, sondern zugleich um ihre Karriere und ums Überleben kämpfen. Ihr Chef macht ihr einen ungeheuren Druck und irgendjemand will sie mit aller Macht daran hindern, vor Gericht zu erscheinen. Nicht nur für Sophie beginnen harte Zeiten. Auch für den Personenschützer Cooper Knight, den man gegen ihren Willen angeheuert hat.

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Francke-Buch GmbH
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Leseprobe

Kapitel 1 'Schuldig. Das ist das einzig mögliche Urteil. Sehr geehrte Damen und Herren Geschworenen, der Geschäftsführer der Banton Corporation, Felix Sanders, veruntreut seit fünf Jahren Gelder.' Sophie Dawson holte tief Luft und fuhr dann mit ihrem Schlussplädoyer fort. Währenddessen stellte sie Blickkontakt zu jedem einzelnen der zwölf Jurymitglieder her, die das Schicksal des betrügerischen Unternehmers besiegeln würden. 'Im Verlauf der letzten Woche haben Sie nicht nur die Zeugenaussagen von anderen Angestellten der Banton Corporation gehört, sondern auch die unserer Buchprüfungsexperten für Wirtschaftskriminalität. Wie diese Fachleute ausgesagt haben, besteht kein Zweifel daran, dass Mr Sanders Geld von den Konten etlicher Banton-Investoren abgezweigt und auf seine private Schmiergeldkasse transferiert hat, die sich auf einem Schweizer Bankkonto befindet.' Wenn sie diesen Fall verlor, hatte sie die Kündigung verdient. Die Beweise gegen Sanders waren hieb- und stichfest. Es kam nicht oft vor, dass ein Fall so wasserdicht war. 'Die Verteidigung will Sie glauben machen, dass jede einzelne dieser Transaktionen auf einen Buchungsfehler zurückzuführen ist, aber jetzt, nachdem Sie alle Beweise gehört und gesehen haben, stimmen Sie mir sicherlich zu, dass man zu diesem Schluss unmöglich kommen kann. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir von Hunderten Transaktionen über einen Zeitraum von fünf Jahren sprechen. Die Verteidigung verlangt von Ihnen, dass Sie jede Logik in den Wind schlagen und an ein Märchenland glauben, das es nicht gibt. Unsere Aufgabe als Staatsanwaltschaft ist es, Beweise für die Schuld des Angeklagten zu erbringen, und genau das haben wir getan.' Dies war einer ihrer ersten wichtigen Geschworenenprozesse, seit sie in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Bezirksstaatsanwaltschaft von Fulton County angefangen hatte. Von den allgemeinen Straffällen in die Wirtschaftsabteilung versetzt zu werden, war eine Beförderung gewesen, aber Finanzverbrechen waren nicht ganz so aufregend wie Mord. Und in diesem konkreten Fall waren die Opfer nicht individuelle Verbraucher, sondern andere wohlhabende Hedgefonds-Manager. Trotzdem hatten sie Gerechtigkeit verdient, denn ihnen war Geld gestohlen worden. Was Sanders getan hatte, war strafbar und Sophie nahm ihre Aufgabe als Staatsanwältin sehr ernst. Nachdem sie mit den Geschworenen die weiteren Beweise durchgegangen war, war die Verteidigung mit ihrem Schlussplädoyer an der Reihe. Sanders hatte einen bekannten Verteidiger von Peters & Gomez angeheuert, aber selbst ein teurer Staranwalt würde ihn nicht vor einer Verurteilung retten können. Während der Verteidiger redete und versuchte, Schwächen in ihrer Argumentation zu finden, schweiften Sophies Gedanken ein wenig ab. Sie fand, dass es ein strategischer Fehler des gegnerischen Anwalts war, so langatmig zu reden. Die Geschworenen saßen schon die ganze Woche hier, also waren sie so weit, dass sie ihre Meinung sagen und die Sache hinter sich bringen wollten. Aber sie war keine Verteidigerin und verspürte auch nicht das Bedürfnis, eine zu sein. Wenn das die Strategie war, die der Mann verfolgen wollte, war es nicht an ihr, ihn zu kritisieren. Als der gegnerische Anwalt sich endlich setzte, gab der Richter den Geschworenen die nötigen Anweisungen. Dann wurden sie entlassen, um sich zu besprechen. Jetzt konnte Sophie nur noch warten. Es konnte Minuten dauern oder Stunden oder sogar Tage, bis die Geschworenen mit einem Urteil zurückkamen, doch sie hoffte, dass es schnell gehen würde. Wenn es zu lange dauerte, würde sie anfangen, sich Sorgen zu machen. Sophie war gerade dabei, ihre Sachen zusammenzupacken, als der gegnerische Anwalt, John Gomez, auf sie zukam. Sanders bezahlte ihm, einem Partner und Mitbegründer der Kanzlei, wahrscheinlich mehr als tausend Dollar die Stunde. Ihrer Meinung nach eine absurde Summe für einen Rechtsbeistand. 'Das war ein sehr beeindruckendes Schlussplädoyer, Ms Dawson.' John Gomez strich seine maßgeschneiderte dunkelblaue Anzugjacke glatt. 'Danke.' Sophie vermutete, dass der Staranwalt in den Fünfzigern war. Seine kurzen dunklen Haare waren an den Schläfen bereits grau gesprenkelt. Sie war sich nicht sicher, warum er sie angesprochen hatte. Sie war nur eine von vielen Vertretern der Staatsanwaltschaft von Fulton County und er war einer der Top-leute in der Juristenszene. Dass er eine der angesehensten Anwaltskanzleien der Stadt mit begründet hatte, ließ die meisten Leute vor Ehrfurcht erstarren. Aber Sophie war von seiner Macht und seinem Einfluss nicht besonders beeindruckt. Andere Eigenschaften hatten mehr Wirkung auf sie. John trat einen Schritt näher. 'Sie haben sehr viel Ausstrahlung, trotz einiger Ecken und Kanten.' 'Wie bitte?' Es war nicht das erste Mal, dass ein gegnerischer Anwalt sie mit unerwünschten Kommentaren über ihr Auftreten bedachte. Als relativ junge Frau mit einem eher kindlichen Gesicht und blonden Haaren musste sie sich ständig beweisen. 'Das war ein Kompliment. Und zwar ein so ernst gemeintes, dass ich Ihnen gerne ein Angebot machen würde. Überlegen Sie sich doch mal, ob Sie nicht zu uns kommen wollen. Ich bin mir sicher, dass ich Ihr jetziges Gehalt mindestens verdreifachen kann, und wir können immer Spitzentalente mit echter Gerichtserfahrung brauchen. Bewährte Prozessanwälte sind Mangelware.' Seine dunklen Augen musterten sie. Ihm war nicht klar, dass sie nicht wegen des Geldes Anwältin geworden war. Sie müsste überhaupt nicht arbeiten, wenn sie nicht wollte, weil sie über ein beträchtliches Treuhandvermögen verfügte, das ihr Vater für sie eingerichtet hatte. Sie war Staatsanwältin, weil sie es gerne war. 'Ich weiß Ihr freundliches Angebot zu schätzen, Mr Gomez.' 'Bitte nennen Sie mich John.' Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. 'Aber ich habe meine neue Stelle in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität gerade erst angetreten und mir gefällt meine Arbeit. Ich kann mir nicht vorstellen, in eine Privatkanzlei zu wechseln.' Genau genommen würde sie das niemals in Betracht ziehen, aber sie hielt es für besser, ihre Erklärungen allgemein zu halten. Es war nicht nötig, dass sie dem Mann ihren persönlichen Hintergrund und ihre Karriereziele erläuterte. John nickte. 'Ich verstehe. Falls Sie es sich anders überlegen sollten, wissen Sie ja, wie Sie mich erreichen. Meine Tür steht Ihnen immer offen.' Er legte eine Hand auf ihre Schulter. 'Und ich würde Sie gerne einmal zum Essen einladen und weiter darüber reden.' Mit einem Mal wurde ihr unbehaglich zumute. Sophie trat einen Schritt zurück, um etwas Abstand zwischen sich und den Mann zu bringen. 'Wie gesagt: Danke, aber ich habe kein Inte-resse. Und es tut mir leid, aber ich muss jetzt los. Es gibt da noch ein paar Dinge, die ich erledigen muss.' 'Natürlich. Wir werden ja sehen, wie lange die Geschworenen brauchen, aber es könnte gut sein, dass wir erst nächste Woche eine Entscheidung bekommen.' 'Hoffentlich nicht', murmelte sie. John Gomez lächelte ihr noch einmal mit seinen perfekt polierten weißen Zähnen zu und ging dann davon. Sie atmete erleichtert aus. Puh, das war unangenehm! Vielleicht hatte sie seine Signale ja auch nur falsch interpretiert, aber sie hatte den Eindruck gehabt, dass er mehr an ihr als Frau interessiert gewesen war und weniger als Anwältin. Auch das hatte sie bei männlichen Kollegen leider schon häufiger erlebt. Konnten die Männer sie nicht einfach für die Arbeit wertschätzen, die sie machte, ohne gleich etwas anderes von ihr zu wollen? Kein Wunder, dass sie ihren Märchenprinzen noch immer nicht gefunden hatte, trotz ihrer stetigen Suche. Sophie schüttelte die Begegnung mit John Gomez ab und ging zu ihrem Büro zurück, um sich wieder in die Arbeit zu stürzen. Sie hatte viel zu tun, aber nicht annähernd so viel wie in der allgemeinen Abteilung für Strafrecht. In den vergangenen sieben Jahren war sie beinahe jeden Tag im Gericht gewesen und hatte die Arbeit als Staatsanwältin von der Pike auf gelernt...