Beschreibung
'Manche Leute sind so langweilig, dass man mit ihnen in funf Minuten einen ganzen Tag verliert', notierte Jules Renard in seinem Tagebuch, das als sein literarisches Hauptwerk gilt. 46 Jahre alt ist der Dichter, Schriftsteller und gefurchtete Kritiker der Jahrhundertwende geworden, in seinem kurzen Leben hat er 54 Tagebucher gefullt: Alltagsbeobachtungen und literarische Miniaturen, Gedankensplitter und Aphorismen, moralische Reflexionen und Naturbeschreibungen, die scheinbar unverbunden nebeneinander stehen. Mit spitzer Feder schreibt Renard uber seine Zeitgenossen und die kunstlerisch-literarischen Pariser Kreise, in denen er sich bewegt. Mal witzig, mal melancholisch - immer scharfsinnig. Die geistreichsten Notate hat Nikolaus Heidelbach fur diesen Band zusammengestellt und illustriert.
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Importeur: Schöffling & Co. Verlagsbuchhandlung GmbH,
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Autorenportrait
JULES RENARD (1864-1910) wuchs als ju¨ngstes von drei Kindern in gutbu¨rgerlichen, aber komplizierten Familienverha¨ltnissen auf (einmal schickte sein Vater ihn zu seiner Mutter, um sie zu fragen, ob sie sich nicht scheiden lassen wolle). Seinen Kummer schrieb Renard sich in dem autobiographischen Roman Poil de Carotte von der Seele, der seinen Durchbruch als Schriftsteller bedeutete und in Frankreich bis in die sechziger Jahre Schullektu¨re war. 1888 zog Renard mit seiner Frau, die aus einem wohlhabenen Elternhaus stammte, nach Paris, wo er die Zeitschrift Mercure de France mitgru¨ndete. Das Vermo¨gen seiner Frau ermo¨glichte es Renard auch, sich in gehobenen Kreisen zu bewegen. 1904 wurde er zum Bu¨rgermeister des kleinen Dorfes Citry-le-Mines im Burgund gewa¨hlt. Renard schrieb Romane, Erza¨hlungen und Dramen, das Tagebuch aber gilt als sein Meisterwerk. Samuel Beckett nennt ihn in einem Atemzug mit Marcel Proust; neben Andre´ Gide und Julian Barnes za¨hlen auch William Somerset Maugham und Jean-Paul Sartre zu Renards Bewunderern.
Leseprobe
12. Januar 1894 Oh! Seine Hochzeitsreise ganz allein machen! 8. April 1897 Sein Herz ist ein von Dolchen strotzender Kaktus. 10. Dezember 1899 Macht in meiner Statue oben auf dem Kopf ein kleines Loch, damit die Vogel dort trinken konnen. 9. Oktober 1900 Eine kleine Glocke an meinem Federhalter, damit ich nicht einschlafe. 14. April 1903 Der Vogel ist voller Stolz: Man sieht ihm an, dass er uber Paris hinweggeflogen ist. 6. Marz 1908 Ich verspure Lust, nach Neapel zu reisen, um nur den Vesuv anzuschauen. Auch ich habe namlich von Zeit zu Zeit meinen kleinen Ausbruch.