Beschreibung
Sie lesen von hinten nach vorn, ihr Kompass zeigt nach Süden, und sogar lebende Buddhas haben bei ihnen Visitenkarten: Pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen (8.-24. August) werden wir die Chinesen endlich verstehen. Nein, nicht in Italien: Chinakenner Kai Strittmatter weiß, wo Pasta und Fußball wirklich erfunden wurden. Wieso Sie China nie ohne Ohrenstöpsel betreten sollten. Wie Sie sich für Zufallsbegegnungen im Zugabteil oder auf dem Plumpsklo wappnen. Weshalb Chinesen am liebsten in Scharen auftauchen und wieso sie sehr wohl das 'r' rollen können. Warum sie uns plötzlich die Milch wegtrinken und was sie außer 'Sissi' und Audis sonst noch an Deutschland mögen. Dass der Mao-Anzug in China gar nicht Mao-Anzug heißt und trotzdem ein Comeback als schickes Modezitat feiert. Wie die Kommunisten heute Konfuzius und die Pandabären für sich einspannen und überhaupt die größte Fälschung des Landes sind. Und was bei alledem Frühlingsrollen und Weißwürste gemeinsam haben.
Produktsicherheitsverordnung
Hersteller: Piper Verlag GmbH
Mark Oliver Stehr
[email protected]Georgenstraße 4
DE 80799 München
Autorenportrait
Kai Strittmatter, Jahrgang 1965, studierte Sinologie in München, Xi'an (Volksrepublik China) und Taipei (Taiwan). Für die 'Süddeutsche Zeitung' war er ab 1997 acht Jahre lang Korrespondent in Peking. Von 2005 bis 2012 berichtete er für die SZ von Istanbul aus über die Türkei und Griechenland, von 2012 bis 2018 war er wieder deren Korrespondent in Peking. Inzwischen ist er Skandinavien-Korrespondent für die Zeitung. Er gilt als einer der besten China-Kenner Deutschlands. Bei Piper von ihm erschienen: 'Gebrauchsanweisung für China', 'Gebrauchsanweisung für Istanbul', 'Die Neuerfindung der Diktatur' und 'Chinas neue Macht'.
Leseprobe
Shi Der Anfang. . ist in diesem Buch da, wo in chinesischen Büchern traditionell das Ende ist. Seit Tausenden von Jahren lesen Chinesen von rechts nach links, also von hinten nach vorn. Was auch wieder Blödsinn ist, weil: Unser Hinten ist ihr Vorn. Wenn sie lächeln sollen für ein Foto, sagen Chinesen nicht auf Englisch 'Käse', sondern auf Chinesisch 'Aubergine'. Sie 'essen' ihre Suppe nicht, sondern 'trinken' sie, und sie tun das nie vor, sondern stets nach dem Essen. Dafür stellen sie den Nachnamen vor den Vornamen. Im Herzen sitzt bei ihnen die Vernunft, und weiß ist die Farbe ihrer Trauergewänder. Amerika nennen sie das 'Land der Schönheit' und Deutschland das 'Land der Tugend'. Höchste Zeit für einen Kompass. Zhi nan zhen Kompass. Oder: Am Ende trifft man sich doch Chinesische Erfindung wie auch Fußball, Buchdruck oder Papier (alles Altertum) und Obstsalat mit rosa Mayonnaise (Peking, Anfang des 21. Jahrhunderts). Wurde wie alle chinesischen Spielereien vom Abendland schamlos geklaut und nachgebaut, bekam jedoch von seinen Erfindern einen genialen Kopierschutz verpasst, den der Westen bis heute nicht knacken konnte - weil er ihn noch nicht einmal bemerkt hat. An dieser Stelle sei das Geheimnis verraten: Der Kompass zeigt nach Süden. Zhi nan zhen ist die 'Nadel, die nach Süden zeigt', und seit Jahrhunderten kichern sich Chinesen in den Bart, wenn sie Europäer mit dem Kompass in der Hand nach Norden laufen sehen. Die Nadel mag die gleiche sein, in ihrer Deutung gehen Ost und West diametral auseinander. Ähnliches lässt sich beobachten, wenn die beiden sich unterhalten: Man verwendet die gleichen Begriffe und denkt doch in entgegengesetzte Richtungen. Kommunismus ist eines dieser trügerischen Worte, manchmal auch Liebe. Können sie also je zusammenkommen, China und der Westen? Warum nicht: Letztlich haben sie das gleiche Ziel, die nach Norden und die nach Süden rennen - solange die Welt nur rund bleibt. Zhong wen Chinesisch. Oder: Fremde Zeichen Einmal hatte ich im Zug von München ins Allgäu eine Begegnung mit einem jungen Burschen, der sich besoffen auf seinen Sitz warf, hernach das amerikanische Pärchen auf der anderen Seite des Ganges anpöbelte und ihnen zum Abschied neben den Rucksack kotzte, kurz: jemand, den wir in meiner Heimat ein 'Mords-Rindviech' heißen, und es ist mir die Vorstellung doch unangenehm, der Amerikaner wäre zufällig Reiseschriftsteller gewesen und jener Betrunkene tauchte später in einem Buch über die Deutschen als Vertreter der bayerischen Lebensart auf. Obwohl. Es begibt sich aufs glatte Eis, wer die Chuzpe besitzt, aus zufälligen Erfahrungen und Begegnungen allgemeine Schlüsse zu ziehen. Gerade darum möchte ich beginnen mit sieben Widerreden gegen hartnäckige China-Gemeinplätze. Völkerverständigung ist ja nicht nur deshalb etwas Schönes, weil man im Zuge derselben viele hübsche fremde Frauen und Männer kennenlernen kann, die in einem solchen Falle stets das Prädikat 'exotisch' tragen, sondern vor allem, weil sie hilft, 'Vorurteile abzubauen'. Der Leser leiste mir also Gesellschaft bei diesem löblichen Brauch - und sehe es als eine Art vorbeugenden Ablasshandel gegen all die Sünden, deren ich mich in den folgenden Kapiteln schuldig mache. Folgendes, lieber Leser, sind Klischees und Märchen, die Sie bitte umgehend aus der 'Ich sag jetzt einfach mal'-Windung Ihres Gehirnes streichen möchten: 1. 'Chinesen essen immer Reis.' - Das letzte Mal, als ich in meinem Lieblings-Nudelladen war, hörte ich bei einem Dutzend Sorten handgemachter Pasta auf zu zählen. Es waren mittelalterliche italienische Raubkopierer, die Nudel und Nudelverwandtes nach Europa entführt haben. 2. 'In China gibt es zwei Geschmacksrichtungen: Süß und sauer.' - Auf ihrem Rückweg ging den Italienern der Rest der chinesischen Küche leider verloren, weshalb Chinarestaurants in Europa auch heute noch ein Hort abgrundtiefer Tristesse sind. 3. 'Chinesen sind verschlossen, leise, höflich, besch
Schlagzeile
Alle Chinesen sehen gleich aus. Alle Europäer auch.