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Christenmut

Geistliche Übungen

Erschienen am 15.03.2010, 1. Auflage 2010
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783579065458
Sprache: Deutsch
Umfang: 175 S.
Format (T/L/B): 2 x 20.6 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Geistige Nahrung für die obdachlose Seele Spiritualität mit Anspruch Eine Art europäische 'Befreiungstheologie', die auf das eingeht, was moderne Menschen wirklich bewegt Die Kirchen geben oft Antworten auf Fragen, die niemand stellt. Zu den Fragen, die die Menschen wirklich bewegen, sagen sie hingegen nichts. Paul M. Zulehner ändert das mit diesem Buch. Woran leiden die Menschen? Worüber freuen sie sich? Was verstehen sie unter Glück? Und welche Wege schlagen sie ein, um dorthin zu gelangen? Um diesen Fragen auf die Spur zu kommen, setzt der Seelsorger das wirkliche Leben auf die theologische Tagesordnung und bietet mit seinen geistlichen Übungen 'Brot für die jeweils eigene Lebensreise'. Geschrieben ist das Buch aus dem tiefen Wunsch heraus, dass es vielen obdachlosen Seelen in einer oft unheimlichen Welt geschenkt werde, in eben jenem Geheimnis eine Heimat zu finden, die wir in unserer religiösen Sprache seit altersher Gott nennen.

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Autorenportrait

Dr. phil., Dr. theol. Paul M. Zulehner, geboren 1939, ist Professor für Pastoraltheologie in Wien und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu religionssoziologischen, kirchensoziologischen und pastoraltheologischen Themen.

Leseprobe

Die Welt wird weltanschaulich immer bunter. Neben den großen Weltreligionen (Juden, Muslime, Christen, Buddhisten, Hinduisten, Taoisten) finden wir spirituell unbehauste Pilger, aber auch friedliche wie aggressive Neoatheisten und Wissenschaftsgläubige. Alle haben sie ein großes Anliegen: die Entfaltung der Welt und darin des Menschen. Sie streben auf dem Boden ihres 'Glaubens' nach Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung des Oikos, den die Glaubenden Schöpfung nennen. Gott ist ein Gott aller dieser Menschen: Er ist auch ein Gott der Atheisten, von denen nicht wenige wissen, dass sie einen Gott leugnen, den es Gott sei Dank gar nicht gibt. Aber selbst die Atheisten, die heute auf Autobussen den Glaubenden zurufen, dass es möglicherweise gar keinen Gott gebe und sie daher doch endlich anfangen sollten, das Leben zu genießen (als ob das Leben in den Gaskammern des gottlosen Nationalsozialismus und im stalinistischen GULAG so bekömmlich gewesen war und das Leben im barocken katholischen Wien so lebensfeindlich!), kommen nicht herum, in ihrem Logo 'Atheisten' an Gott zu erinnern. Allein dass es dieses unauslotbare Wort Gott gibt, irritiert. Und dann verstehen sich die christlichen Kirchen als Gottes Kollaborateure auf Erden. Möge im Kraftfeld Gottes doch der Mensch aufkommen, statt verstrickt in seiner dunklen Geschichte des Mordes und der Lüge umzukommen! Dein Reich komme, beten die Christen einmütig und versuchen, ihm wenigstens spurenhaft auf dem Boden ihrer Gemeinschaften Raum zu geben und so die Welt zu vermenschlichen: mit welch halbherzigem Erfolg, Gott sei's geklagt! Aber die Kirchen verstehen sich längst nicht mehr exklusiv: als wäre den Getauften allein Heil gewährt. Als würden nur sie gerettet werden und in der dritten Geburt des Todes allein sie hineingeboren werden in die vollendete Schöpfung, von der der auferstandene Menschensohn Jesus Christus der Erstgeborene ist. Wenn Gott ein Gott aller Menschen ist, dann ist auch die Kirche eine Kirche aller - auch der Atheisten. Das mag nach Vereinnahmung klingen, ist es aber nicht. Der Vorwurf, den der eine große Theologe des letzten Jahrhunderts Hans Urs von Balthasar dem anderen großen Theologen Karl Rahner machte, dass nämlich das Bild von den anonymen Christen ein unverschämter Übergriff in die Freiheit der Anderen sei, ist vom Tisch. Hans Urs von Balthasar hat ja nicht die Sache kritisiert, sondern das Bildwort. Er hat sich anders und wie ich finde besser ausgedrückt: Alle Menschen reifen in das Heil hinein, kraft des Wirkens des Heiligen Geistes, der weht, wo er will - natürlich auch in den Kirchen, aber nicht nur da - oder manchmal da ziemlich leise. Erkennbar ist dieses Geistwirken und die Wandlung, die der Geist herabgerufen immer bewirkt, daran, dass jemand eine wahrhaft Liebende wird, ein wahrhaft Liebender. Hier ereignet sich das Ausreifen eines Menschen in die vollendete Gestalt hinein. Das kann ja auch nicht anders sein: Wenn Gott in sich ein Tanz der Liebe ist (dreifaltig sagen wir theologisch spröde dazu), dann ist alles, was er gebiert (so Meister Eckhart) Liebe. Und die einzige Aufgabe des Menschen in einem langen oder kurzen Leben besteht darin, dass er wird, was er ist: Liebe, Hingabe, Solidarität: und das nicht nur zu jenen, die einen auch lieben, sondern gerade zu den Fremden und den Armen der einen Welt. Dass diese Liebe, die dem Menschen im Lauf seines Lebens aus dem göttlichen Ursprung einfließt, universell ist, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass wir Christen, monotheistisch, eben glauben: Wenn nur ein Gott ist, dann ist jede und jeder einer von uns. Der Glaube an den einen Gott schafft daher nicht intolerante Gewalt (so der Ägyptologe Assmann und mit ihm viele andere trotz inzwischen ausreichender Widerlegung), sondern universelle Liebe. Das ist daher das erste edle Projekt der christlichen Kirchen: so mit allen Menschen solidarisch zu sein, dass sie in der Liebe wachsen können. Wie kann das alle beflügeln, die mit hoher Fachkundigkeit im Namen de