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Leseprobe
Wagner, der sich seit der Pariser Zeit (1839 bis 1842) intensiv mit der Literatur des Mittelalters auseinandergesetzt hatte, kam während seines Marienbader Kuraufenthaltes (Sommer 1845) im Rahmen der Konzeption des Lohengrin auch mit Wolfram von Eschenbachs Parzival-Epos in Berührung. Knapp zehn Jahre später, während der ersten Vorarbeiten zu Tristan und Isolde, spielte er mit dem Gedanken, den auf der Gralssuche befindlichen Parzival im dritten Akt an Tristans Krankenlager auftreten zu lassen. Bei der näheren Ausgestaltung des Sujets strich Wagner diesen Auftritt jedoch später wieder; vermutlich verfolgte er schon den Plan, ein eigenständiges Parzival-Drama zu schreiben. Im Briefwechsel mit Mathilde Wesendonck wird ein solcher Plan verschiedentlich erwähnt. Die erste Prosa-Skizze aus dem Jahr 1857 ist allerdings verschollen - sofern eine solche überhaupt je wirklich existiert hat: In der Autobiographie Mein Leben beschreibt Wagner ein quasi-religiöses Erlebnis am Karfreitag 1857, das ihn zur Niederschrift dieses ersten Entwurfs bewogen habe, bekannte aber später Cosima gegenüber, dass diese Karfreitagsanekdote erfunden sei. Gleichwohl hatte sich Wagner während seiner Arbeit am Tristan stets mit dem Gedanken eines eigenständigen Parzival-Dramas getragen. 1859 breitete er Mathilde Wesendonck ausführlich seine Ideen zum Parzival aus, beschloss seine Ausführungen dann aber mit den Worten: "Und so etwas soll ich noch ausführen? und gar noch Musik dazu machen? - Bedanke mich schönstens! Das kann machen wer Lust hat; ich werde mir's bestens vom Halse halten!" Noch deutlicher wird er in einer späteren Briefstelle - vieles an Wolframs Dichtung sei doch "abgeschmackt und völlig bedeutungslos", weshalb er letztlich zu viele Handlungselemente selbst erfinden müsse. In demselben Brief kommt Wagner abschließend zum Ergebnis: "Heute nehme ich Abschied von diesem unsinnigen Vorhaben; das mag Geibel machen und Liszt mag's komponieren!"1865 hatte sich diese Haltung, bedingt durch die Bitte Ludwigs II. (Brief vom 21.08.), offensichtlich geändert. Wagner griff den Stoff erneut auf und verfasste vom 27. bis 30.08.1865 einen ersten Prosa-Entwurf, dessen anschließend angefertigte, in Teilen abweichende Reinschrift er dem König übergab. Ludwig II. identifizierte sich stark mit der Figur des Parzival; in Briefen ließ er sich bevorzugt als "Parzival" anreden. Danach legte Wagner den Stoff allerdings wieder zur Seite. Andere Projekte (Die Meistersinger von Nürnberg, Der Ring des Nibelungen, der Bau des Festspielhauses in Bayreuth) hinderten Wagner für die kommenden zwölf Jahre noch einmal daran, das geplante Werk näher auszuführen.