Beschreibung
Studienarbeit aus dem Jahr 2017 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - Nachkriegszeit, Kalter Krieg, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Geschichts- und kulturwissenschaftliches Institut), Veranstaltung: Antisemitismus und Antizionismus: Juden und Israel, Sprache: Deutsch, Abstract: Im November 1984 erschien in der DDR-Kinderzeitschrift "Die ABC-Zeitung" das Märchen vom kleinen "Feuerdrachen Zion", der ohne Not und nur aus Undankbarkeit und Habgier heraus das Land der "Kinder Palästinas" (Basedow 1984: 18) zerstört. Unter Rückgriff auf explizit antisemitische Stereotype stellte der Artikel den Nahostkonflikt nicht nur vereinfacht, sondern als alleinig von Israel zu verantworten dar. Da die ABC-Zeitung das propagandistische Organ des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und mithin parteinah war, lag dieser antizionistischen Darstellung sicherlich kein ärgerliches Versehen, wohl aber eine direkte oder indirekte Vorgabe der ostdeutschen Staatsführung zugrunde. Dass eine solch einseitige Verzerrung der politischen Realitäten in Nahost auch tatsächlich beabsichtigt war, erklärt sich aus der dezidiert israelfeindlichen Politik, die von der SED bis in die späten 1980er Jahre betrieben wurde. Verwundern muss indes, dass sich diese antizionistische Agitation nur wenige Jahre nach dem Ende der Shoah im marxistisch-leninistischen deutschen Teilstaat mit traditionellen antisemitischen Feindbildern schmückte, verstand sich die DDR doch in ihrem Selbstverständnis als genuin antifaschistischer Staat, der die deutsche judenfeindliche Vergangenheit endgültig hinter sich gelassen habe. In der folgenden Arbeit soll diesem vermeintlichen Widerspruch nachgespürt werden. Während zunächst eine Antwort auf die Frage gefunden werden muss, weshalb und inwiefern die DDR ein antizionistischer Staat war, ist im Anschluss daran zu untersuchen, weshalb und inwieweit sich der jedenfalls in der öffentlichen Debatte tabuisierte klassische Antisemitismus in einer ausdrücklichen Feindschaft gegen Israel wiederfinden konnte (vgl. Voigt 2008). Ziel der folgenden Ausführungen ist es also nicht, etwaige antisemitische und antizionistische Tendenzen innerhalb der Bevölkerung oder Versäumnisse im historischen und gesellschaftlichen Umgang mit dem millionenfachen Mord an den europäischen Juden aufzudecken. Wohl aber soll dargestellt werden, dass die DDR ein Land war, in dem sich aus politischen und ideologischen Gründen etwas herausbilden konnte, das als "antisemitischer Antizionismus" (Haury 2016: 11) bezeichnet werden muss.
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